Im Herbst 2013 realisiert das Neue Museum in Kooperation mit dem Institut für Architektur und Städtebau ein Projekt auf dem Klarissenplatz, das den Titel Unschärfe trägt. Im Vorgriff auf dieses Projekt werden innovative Projekte des Instituts aus den letzten zehn Jahren in einer Ausstellung im Unteren Foyer vorgestellt.
Die Gründung des Instituts erfolgte im Jahr 2004, um dem Studiengang Architektur an der Hochschule eine Forschungsplattform zur Verfügung zu stellen. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet das Experimentelle Bauen. Bearbeitet werden architektonisch - räumliche Fragestellungen, die durch einen experimentellen Ansatz sichtbar und überprüfbar gemacht werden. Grundlegende Idee ist es, den planerischen, kreativen Ansatz so weit zu treiben, dass es möglich wird Entwürfe nicht nur zu denken und darzustellen, sondern auch praktisch umzusetzen und somit einen real erlebbaren Raum zu erzeugen. Die sinnliche Wahrnehmung als Wissenserweiterung steht dabei stark im Vordergrund. Konstruktive Neuinterpretationen verbunden mit morphologischen, visuellen und haptischen Erfahrungen sind Grundlage der entwurflichen Aufgabenstellung und deren experimenteller Realisierung.
Alle Projekte werden im Rahmen der Masterausbildung an der Hochschule mit den Studierenden entwickelt und umgesetzt, wobei nicht immer das ganze Projekt durch die Uni realisiert wird, sondern auch durch Beteiligung von Fachfirmen.
In der Ausstellung im Neuen Museum werden folgende Projekte vorgestellt:
Der Pavillon versuchte mit sehr reduzierten Mitteln (Holzstab) die Fragestellung der räumlichen Begrenzung und Grenzbildung erfahrbar zu machen. Hierzu modifiziert er eine gewählte geometrische Ordnung in ihr Gegenteil, in chaotische Unordnung. Ziel war auch, Architektur-Phänomene wie Offenheit / Geschlossenheit, Ruhe / Dynamik oder Licht / Schatten in einem einzigen Raum erlebbar zu machen. Der Pavillon wurde von Studenten aus mehr als 4000 Laufmeter Holzstäben gebaut.
Aufgabe war der Bau eines innovativen, temporären, vollständig recylierbaren Erlebnisraums für Sportler als Treffpunkt für die Nordischen Skiweltmeisterschaften in Oberstdorf.
Realisiert wurde die Idee für diesen Low-Tech-Pavillon durch die Verwendung von rund 1.300 gestapelten Europaletten. Es entstand ein räumlich komplexer Erlebnisraum, in dem die Europalette nicht mehr als Produkt erkennbar, sondern Teil einer monolithischen, dreidimensional gekrümmten Raumskulptur war. Im Inneren entstand ein kuppelartiger Schutzraum mit meditativem Charakter.
Wie wenig Raum benötigt der Mensch?
Der rasante, und unaufhaltsame Anstieg der Weltbevölkerung führte zu der Frage, ob und wie man alle wichtigen Wohnfunktionen auf einer Fläche von 3x3 Metern (Außenmaß) sinnvoll unterbringen kann. Welche Konsequenzen entstehen aus dieser räumlichen Verdichtung für die Nutzungen und die Verhaltensweisen der darin wohnenden Menschen?
Es wurden drei transportable Raumzellen entwickelt, gebaut und auf der Landesgartenschau in Neu-Ulm installiert. Die Raumzellen ermöglichten das Schlafen, Leben und Arbeiten für eine Person und wurden während der Landesgartenschau jeweils 4 Wochen probehalber bewohnt. Die Bewohner im Alter zwischen 17 und 60 Jahren haben Tagebuch geführt und ihre Erkenntnisse und Erfahrungen des Lebens auf wenigen Quadtratmetern schriftlich niedergelegt.
Wie kann man eine selbsttragende, transportable Wand aus möglichst wenig Beton bauen?
Im Rahmen eines von der Betonindustrie geförderten Seminars wurden Bauelemente aus Beton entwickelt, die zum einen eine selbsttragende Wandstruktur erzeugen, zum anderen mit möglichst wenig Material auskommen und die Eigenschaften des Betons als struktur-und formbildend nutzen.
Der Raum als dritte Haut des Menschen
Ziel war die Konfiguration eines Raumes, in den sich der Mensch setzen, legen, anlehnen, ruhen kann und in dem er somit selbst Teil der räumlichen Struktur wird. Entwickelt wurde die Raumstruktur aus horizontal aneinander gefügten Wellpappeschichten, die sich den nutzungsspezifischen Bedingung nach Sitzen, Liegen etc. anpassen und so wie ein Maßanzug den Nutzer umgeben. Der Raum wurde zudem mit Minimalreizen – Lichtimpulsen, Gerüchen und Geräuschen – bespielt, die nur bei absoluter Ruhe, und Konzentration wahrgenommen werden konnten.
Der Informations- und Verkaufspavillon der alpinen Skiweltmeisterschaften in Garmisch Partenkirchen sollte in seiner Fassadenstruktur das Motto der Ski-WM auf architektonische Weise thematisieren und zur Diskussion stellen. Es galt also „Tradition und Moderne" als räumliche wahrnehmbares Phänomen darzustellen.
Herangehensweise war, anhand der Modifikation des „Holzstapels" als Fassadenverkleidung einen Prozess in konstruktiver und gestalterischer Art vom statisch gelagerten Baumstamm zur dreidimensional bewegten Holzziegelwand anschaulich zu machen.
Wie kann man räumliche Unschärfe darstellen?
Das Phänomen der Unschärfe soll hier räumlich interpretiert und umgesetzt werden. Mittels eines begehbaren, lediglich aus vertikal gestapelten Baustahlmatten konfigurierten Pavillons sollen die Phänomene der unklaren, uneindeutigen und mit wechselndem Standort des Betrachters sich verändernden Raumgrenzen untersucht und beobachtet werden.
„Soviel Du brauchst"
Das Motto des Kirchentags war gleichzeitig Entwurfsthema für einen Studentenwettbewerb, an dem sich Studierende der Hochschule Biberach und der Universität Stuttgart eingeladen waren. Eine Studentengruppe der HBC ging als Sieger aus der Konkurrenz hervor. Das vorgegeben Thema wurde durch die gestaltprägende Verwendung von Obstgroßkisten für die Fassadengestaltung umgesetzt. Eine vollständige Recyclierbarkeit der Obstkisten nach Ablauf des Kirchentages ist konstitutiv für die Entwurfsidee.
Eine Kooperation mit dem Institut für Architektur und Städtebau der Hochschule Biberach unter der Leitung von Matthias Loebermann.