Ausstellung
von 09.03.2007 bis 17.06.2007

Christiane Möbus

Auswanderer

Christiane Möbus gehört einer Künstlergeneration an, die seit den siebziger Jahren die Kunstwelt mit neuen Ideen bereichert. In gut dreißig Jahren ist ein Werk gewachsen, das eine sehr eigene Auffassung von Skulptur vermittelt. Die Professorin an der Berliner Universität der Künste arbeitet mit verschiedensten Fundstücken, die sie zu unwirklichen Bildern zusammensetzt. Zu ihren Motiven zählen nicht allein die Tiere dieser Erde. Auch Fortbewegung und Reisen sind ein häufiges Thema ihrer Kunst. So integriert sie etwa Boote, Kutschen oder ein LKW Fahrerhaus und damit alle erdenklichen Gefährte in ihre Arbeiten. Werke mit Giraffe oder Flamingo führen in fremde Kulturräume. Möbus arbeitet auch mit Objekten aus der Alltagswelt, wie Kleidungsstücken, Koffern oder Tischen. Durch die Besonderheit der Gegenstände und die Art und Weise ihrer Kombination zu ausgreifenden Installationen sind die Werke von Möbus spektakulär.

Die Ausstellung gehört im Neuen Museum in die Programmreihe der Installationen. Diese werden durch die Künstler jeweils selbst konzipiert und es werden jeweils neue Werke vorgestellt. Bisher zeigte das Neue Museum in dieser Reihe Projekte von Ulrich Rückriem, Adrian Schiess, Julian Opie und Tony Cragg.

Die Ausstellung zeigt insgesamt 16 Werke von 1976 bis heute. Christiane Möbus fügt eine Gruppe von sechs neuen, erstmals realisierten Arbeiten mit älteren Werken zu einer groß angelegten Präsentation zusammen, der sie den Titel Auswanderer gegeben hat.

„Der Titel", so Möbus, „hat mit Bewegung zu tun. Ich liebe die Bewegung, weil sie ein Zeichen für etwas Lebendiges ist, und Wanderer sind die personifizierte Bewegung. Aber sie bleiben eher, während Auswanderer weggehen. Mich interessiert das Schicksal der Auswanderer, weil sie mit letzter Konsequenz ihren Lebensraum aufgeben und verlassen, irgendwo anders ihr Ziel suchen und dort zu Einwanderern werden." Die Protagonisten in der Ausstellung von Christiane Möbus sind allerdings nicht Menschen. In der Installation wird man von einer Giraffe begrüßt. Seit den siebziger Jahren setzt die Künstlerin präparierte Tiere in ihren Werken ein, das erste ist 1976 eine Rabenkrähe, darauf folgen Fische und ein Geisbock. Dann in ihrer spektakulären Arbeit auf dem Rücken der Tiere kommt eine ganze Gruppe afrikanischer und europäischer Wild- und Haustiere vor, die ein Boot aus Holz tragen und die Erinnerung an das Motiv der Arche Noah wachrufen. 1997 entsteht die Arbeit mit zwei Eisbären, die die Besucher des Neuen Museums seit Beginn bestens kennen.

Erhaben ist der Anblick der Giraffe in dieser Präsentation, deren Nähe so wie hier sonst eben nicht erlebbar ist. Zu sehen sind auch Seelachs, Flamingo und der Maulwurf, ein eher als Schädling erachtetes Tier. Als exemplarisch Handelnde lockt die Künstlerin mit diesen Tieren dort moralische Gefühle oder Urteile hervor, wo sie sonst innerhalb der Konventionen des gesellschaftlichen Handelns, dem Jagen oder Essen, nicht als Maßstab angesetzt werden. „Diese Diskussion über Umweltschutz", so die Künstlerin, „interessiert mich, auch die Unaufrichtigkeit der Diskussion, die Unwissenheit über Folgen in die eine wie die andere Richtung, die Schönfärberei und die Hilflosigkeit." Nicht nur Tiere in präparierter Form auch andere Dinge aus der Natur integriert Möbus in ihre Werke wie die Äste der Erle und der Birke in ihrem Objekt Zeisigwald, die Vogeleier in Hans im Glück oder die Pflanzen Islandmoos und Erika. Als sie selbst kommen sie in den Arbeiten der Künstlerin vor. Neben diesen befinden sich ebenso Gegenstände, die vom Menschen gemacht sind. Fragmente der Realität sind Bestandteil einer jeden Arbeit von Christiane Möbus. So die Tische aus unterschiedlichen Gebrauchszusammenhängen wie der Nachbau eines Spieltischs oder ein runder Tisch mit einer Drehkonstruktion aus einem süddeutschen Theater oder ein Restauratorentisch aus dem Kunstgewerbemuseum in Berlin. Es gibt eine Kutsche und Puppenwagen aus dem 19. Jahrhundert sowie ein MAN LKW-Fahrerhaus. Diese Dinge bilden die Basis in der Kunst von Christiane Möbus.

Die Idee, dass die Kunstwerke nicht aus klassischen Materialien der Bildhauerei wie Holz oder Stein beziehungsweise der Plastik wie Ton oder Bronze gebildet, sondern aus den Elementen der Realität zusammengesetzt werden, kommt aus den siebziger Jahren. Damals suchten die Künstler nach Wegen, um Kunst und Leben miteinander zu verbinden. Reales Handeln, reale Materialien und reale Lebensumstände sollten in die Kunst einbezogen werden. Bis 1970 hatte Christiane Möbus an der Kunstakademie in Braunschweig Bildhauerei studiert und ging dann mit einem Stipendium des DAAD nach New York. Seit dieser Zeit entwirft sie Werke, in denen die Fragmente der Realität jeweils mit geometrischen Formen wie Kreis oder Kugel, Viereck oder Quader, Oval oder Ei verbunden sind. Ein System abstrakter Motive durchzieht so zugleich die Installation von Christiane Möbus. Oftmals entlehnt sie diese selbst wieder einem Gegenstand. Die Giraffe steht so auf einem runden Edelstahlpodest, das an den Zirkus erinnert. Wie am Trapez schwebt das Tier im Raum und heißt Küsse vom König.

Katalog

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog zum Preis von 19,- Euro, der die Werke der Künstlerin in ihrer Aufstellung im Neuen Museum dokumentiert mit einer Einführung von Melitta Kliege.

Für den Rundgang steht ein Begleitheft zur Verfügung.