Presseinfo

Boris Lurie. Anti-Pop

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Boris Lurie. Anti-Pop

17. März bis 18. Juni 2017

Der US-amerikanische Künstler Boris Lurie (1924-2008) hat ein radikales Werk hinterlas-sen, das in Bild und Wort den bürgerlichen Kunstbegriff attackiert. Allen idealistischen Er-wartungen an Kunst, jeder Form von Ästhetizismus, aber auch dem kapitalistischen Kunstmarkt erteilte Lurie eine unmissverständliche Absage. Als Mitbegründer der „NO!art"-Bewegung (zusammen mit Sam Goodman und Stanley Fisher) im Jahre 1959 trat der Künst-ler für eine soziale Kunst ein, die ästhetische Innovation als Nebenprodukt ungehemmten Ausdrucks erzielt. Ausgesprochen kritisch stand Boris Lurie der Pop-Art gegenüber, die in den 1960er Jahren den Markt und die Museen eroberte: „Pop-Art ist reaktionär. Sie verherrlicht die Konsumgesellschaft und mokiert sich nur über den Konsum der unteren Klassen: die Suppendose, das billige Hemd. Pop-Art ist chauvinistisch." Diese Abgrenzung wird nicht geschmälert durch die Tatsache einer wechselseitigen Beeinflussung durch die geschmähten Pop-Artisten.

Boris Lurie war stets offen für vielfältige ästhetische Impulse – von Pop bis Fluxus. Dabei entwickelte er schon früh eine sehr eigenständige Kunst, die sich Ende der 1950er Jahre von der Malerei ab und der Collage zuwandte. Bevorzugtes Material bilden Pin-Ups, in denen die Objekte des Begehrens verdinglicht und konsumierbar werden. Zu den schockierendsten Zeugnissen der Kunst des Boris Lurie zählen jene Collagen, in denen pornographische Fotos mit Aufnahmen aus NS-Vernichtungslagern konfrontiert sind. Nur der Begriff des Obszönen vermag eine Brücke zu schlagen. Dahinter steht aber auch die von Lurie gemachte Erfahrung der Verbindung von Herrschaft, Unterdrückung und sexueller Erniedrigung. Eine Erfahrung, die die durch die Wehrmacht verübten Massaker im lettischen Liepāja mit dem Folterskandal von Abu Ghuraib im Irak verbindet, wie Lurie in einem Interview feststellte.

Der Künstler jüdischer Abstammung, der in Leningrad geboren wurde und in Riga aufgewachsen war, überlebte von 1941 bis 1945 verschiedene Lager und KZ (darunter Stutthof und Buchenwald). Seine Mutter, seine Großmutter, seine Schwester und seine Jugendliebe wurden Opfer des Holocausts. Die Shoah überschattete Boris Luries weiteres Leben. 1946 wanderte er mit seinem Vater in die USA aus. In vielen Ausstellungen der vergangenen Jahre stand dieses Schicksal des Künstlers im Vordergrund. Die Ausstellung im Neuen Museum versucht, sich Boris Lurie über seine Kunst anzunähern. Werke anderer Künstler, auch solcher, mit denen Lurie keinen Kontakt hatte, werfen Schlaglichter. Solcherart kontextualisiert erweist sich Luries Schaffen als Psychogramm seiner Zeit, die den Aufschrei und den Wider-spruch herausforderte. „Die Zeit für YES!art liegt noch in weiter Ferne."

 

Kontakt

Eva Martin, Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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